BVerfG, Beschluss vom 18.07.2019, 1 BvL 1/18 („Mietpreisbremse“)

Die Mietpreisbremse soll einen übermäßigen Anstieg der Miethöhe verhindern. Ihre Wirksamkeit und ihre Zulässigkeit sind hoch umstritten.
Die Mietpreisbremse soll einen übermäßigen Anstieg der Miethöhe verhindern. Ihre Wirksamkeit und ihre Zulässigkeit sind hoch umstritten.
In dieser Entscheidung wurden zwei unterschiedliche Verfahren, nämlich eine Normenkontrolle durch das Landgericht Berlin und eine Verfassungsbeschwerde, verbunden. Diese formell sehr unterschiedlichen Verfahren hatte eines gemeinsam: Es ging um die Verfassungsmäßigkeit der neuesten Ausführung der Mietpreisbremse.

Diese sieht insbesondere ein Verbot des (erheblichen) Überschreitens der ortsüblichen Vergleichsmiete auch bei Neuvermietungen in Gebieten mit besonders hoher Nachfrage nach Wohnungen vor.

In diesem Verfahren musste sich die Mietpreisbremse an drei verschiedenen Grundrechten messen lassen:

  • Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgrundrecht)
  • Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit in Form der Vertragsfreiheit)
  • Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz)

Diese Prüfungen wurden jeweils nur im Rahmen der Verfassungsbeschwerde vorgenommen. Die Normenkontrollvorlage wurde schon aus formalen Gründen abgelehnt, da das Landgericht nicht deutlich genug dargelegt hatte, warum die verfassungsrechtliche Prüfung für sein Urteil relevant sei.

Inhaltlich machte das Bundesverfassungsgericht dann folgende Ausführungen:

Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgrundrecht)

Bei den entsprechenden Regelungen im BGB handle es sich um eine gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung. Das Wohl der Allgemeinheit begründe Eingriffe hinsichtlich der Miethöhe.

Die Regelungen seien auch verhältnismäßig, da andere Vorgehensweisen wie die Erhöhung von Wohngeld nicht allen Mietern in gleicher Weise helfen könnten. Der Gesetzgeber habe hierzu einen Beurteilungs- und Prognosespielraum, wie er am besten tätig werde.

Insgesamt müsse der Gesetzgeber die Interessen von Mietern und Vermietern berücksichtigen und gegeneinander abwägen. Dies geschehe im Mietrecht mit seinen zahlreichen Regelungen jedoch.

In einzelnen Teilaspekten dürfe der Gesetzgeber auch einseitig die Vermieter belasten, solange dies nicht zu dauerhaften Verlusten durch die Vermietung oder zu einer Substanzgefährdung der Wohnung führe. Die Miethöhe bleibe dadurch, dass eine Bindung an die ortsübliche Miete besteht, zumindest in der Nähe einer auf einem freien Markt zu erzielenden Miete.

Auch die Tatsache, dass damit in bereits bestehende Mietverhältnisse eingegriffen wird, sei gerechtfertigt. Denn: „Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieterinnen und Vermieter aber mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen.“

Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit in Form der Vertragsfreiheit)

Zwar gelte dieses Grundrecht (natürlich) auch auf dem Wohnungsmarkt. Die Einschränkungen durch die zitierten BGB-Regelungen seien aber auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG verhältnismäßig und somit gerechtfertigt.

Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz)

Dass die ortsüblichen Vergleichsmieten höchst unterschiedlich sind und dadurch Vermieter an unterschiedlichen Orten unterschiedlich von der Mietpreisbremse betroffen sind, sei auch nicht gleichheitswidrig.

Die voneinander abweichenden Miethöhen bildeten die jeweilige Mietsituation vor Ort ab und stellten die Wirtschaftlichkeit der Vermietung sicher.

Eine unterschiedliche Behandlung von privaten Vermietern und großen Wohnungsbaugesellschaften sei indes nicht geboten. Die Mieter seien in beiden Fällen gleich von hohen Mieten betroffen. Und private Vermieter könnten auch mit gedeckelten Mieten noch ihren Lebensunterhalt verdienen.

Bewertung

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist in der Sache klar, lässt darüber hinaus aber zahlreiche grundsätzliche Fragen offen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist in der Sache klar, lässt darüber hinaus aber zahlreiche grundsätzliche Fragen offen.
Das Bundesverfassungsgericht bleibt hier bei seiner Linie, Grundrechten einen weiten Anwendungsbereich zu geben. So soll das Eigentumsrecht eben nicht nur das Eigentum an der Wohnung als solches schützen, sondern auch das Recht, über sein Eigentum durch Vermietung zu verfügen.

Zugleich bleibt es aber ebenfalls bei seiner Linie, Einschränkungen dieser Grundrechte in sehr vielen Fällen zu akzeptieren, sofern damit ein nachvollziehbarer Zweck verfolgt wird. Für die Erreichung dieses Zwecks wird dann aber ein weitgehender Ermessensspielraum des Gesetzgebers angenommen. Das Bundesverfassungsgericht schreibt dem Bundestag also nicht vor, wie er „besser“ hätte verfahren können.

Die Einschätzung, der Gesetzgeber würde auch die Interessen der Vermieter berücksichtigen, ist schon fernab der Realität. Tatsächlich es vielmehr so, dass ausschließlich der Markt derzeit in manchen Städten für hohe Preise sorgt, was die Politik zu unterbinden versucht.

Insoweit sorgt es schon für Verwunderung, dass die Grenzen gesetzgeberischen Handelns erst dort liegen sollen, wo Vermieter dauerhaft (!) Verluste machen oder in die Gefahr geraten, ihre Wohnungen verfallen lassen oder verkaufen zu müssen.

Auch der nonchalante Satz, man dürfe nicht auf den Fortbestand der Rechtslage vertrauen, irritiert: Das beinhaltet kaum mehr als eine Abschiednahme vom Prinzip der Rechtssicherheit. Soll dies nun grundsätzlich und in allen Rechtsbereichen gelten? Oder nur in Bereichen, in denen sich die Politik gerade zum Handeln gedrängt fühlt? Hier hätte sich man sich einmal einige zusätzliche erläuternde Worte vom Bundesverfassungsgericht gewünscht.

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