BGH, Beschluss vom 18.05.2009, IV ZR 57/08 (Würdigung von Privatgutachten durch den BGH)

Auch ein privat in Auftrag gegebenes Gutachten ist für den BGH ein wichtiges Beweismittel.
Auch ein privat in Auftrag gegebenes Gutachten ist für den BGH ein wichtiges Beweismittel.
Gerichte berufen häufig Sachverständige, um Fachfragen zu klären. Dies geht sogar so weit, dass mittlerweile von Gutachtern als „heimlichen Richtern“ gesprochen wird. Wer dem vom Gericht bestellten Gutachter widersprechen will, kann ein Privatgutachten in Auftrag geben.

In diesem Urteil geht es darum, wie die Rechtsprechung mit solchen Privatgutachten umgeht und wie vor allem das Gericht einen Widerspruch zwischen den Meinungen zweier Sachverständiger auflösen muss.

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BGH, Urteil vom 22. Januar 2013, VIII ZR 329/11

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer einstimmig beschlossen:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 1. November 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Gründe: Die Revision ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 25. September 2012 Bezug genommen (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO). „BGH, Urteil vom 22. Januar 2013, VIII ZR 329/11“ weiterlesen

Landgericht Tübingen, Beschluss vom 20.02.2020, 5 T 38/20

]Das Landgericht Tübingen, insbesondere ein Richter der fünften Zivilkammer, ist bekannt für sehr bürgerfreundliche Rechtsanwendung im Bereich der Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen. In einem bemerkenswerten Beschluss vom Februar diesen Jahres setzt er sich mit der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang auseinander. Diese wollen wir daher hier im Volltext wiedergeben:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Calw vom 24.01.2020, Az. 9 M 146/20, aufgehoben und die verfahrensgegenständliche Zwangsvollstreckungsmaßnahme eingestellt.

2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.

I.

Zur Begründung kann zunächst auf die nachfolgend wiedergegebenen Gründe im Beschluss des LG Tübingen vom 29.8.2019, 5 T 192/19, Bezug genommen werden.

II.

In dieser Entscheidung vom 29.8.2019 ist auch ausgeführt:

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BGH, Beschluss vom 28.04.2020, Az. X ZR 60/19 (Zumutbarkeit des beA bei Patentanwälten)

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ermöglicht die Übermittlung digitaler Schriftsätze in sicherer und prozessual korrekter Weise per Internet. Es stand und steht allerdings unter erheblicher Kritik, weil es erst mit deutlicher Verspätung an den Start ging und häufig nicht benutzbar ist.

Dies hat nun auch der BGH aufgegriffen. In einem Verfahren hatte ein Patentanwalt kurz vor Fristablauf den Schriftsatz gefaxt. Wegen einer Faxstörung ging das Schreiben aber – wie er selbst gemerkt hat – nicht vollständig beim Gericht ein.

Der Bundesgerichtshof hat daraufhin entschieden, dass er das Fristversäumnis nicht verschuldet hat. Denn kurz vor Fristablauf auch noch das störungsanfällige beA zu benutzen, wäre ihm nicht zumutbar gewesen:

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EuGH, Beschluss vom 21.10.2014, Az. C-348/13

Auf Youtube veröffentlichte Videos können mit einem einfachen HTML-Code, den Youtube auch noch bereitstellt, auf Internetseite eingebunden werden („embedding“). Ein kleines Videofenster („Frame“) wird somit zum Teil der Seite, man muss sich also nicht auf Youtube durchklicken.

Gegen eine solche Verwendung seines Videos auf einer fremden Homepage hat sich der Urheberrechtsinhaber gewandt. Der Bundesgerichtshof legte diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, um von diesem eine Vorabentscheidung über das anwendbare EU-Recht zu erhalten.

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Bedeutung Unterschrift i.A./im Auftrag (BGH, Beschluss vom 23.10.2013, XII ZB 570/12 und BGH, Beschluss vom 07.06.2016, KVZ 53/15)

contract-3031680_1920Eine Unterschrift mit dem Zusatz „im Auftrag“, abgekürzt „i.A.“, begegnet häufig gewissen Bedenken. Heute stellen wir zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor, in denen es im prozessualen Umfeld darum ging. In beiden Fällen wurde eine Rechtsmittelschrift „i.A.“ unterzeichnet. Entschieden wurde interessanterweise genau konträr.

Zunächst einmal muss man sich überlegen, warum hier überhaupt eine Unterschrift notwendig ist. Für die vorbereitenden Schriftsätze regelt § 130 Nr. 6 ZPO, dass das Dokument unterschrieben sein soll. Dieses „Soll“ ist eigentlich keine zwingende Regelung. Es wird aber so ausgelegt, dass für besonders wichtige Schriftsätze, die den Verfahrensablauf bestimmen (sog. „bestimmende Schriftsätze“) die Unterschrift unbedingt notwendig ist. Ohne Unterschrift ist der Schriftsatz formfehlerhaft und nicht gültig.

Der Sinn einer Unterschrift ist dabei (theoretisch) ein mehrfacher: Die Unterschrift soll einerseits den Entwurf vom endgültigen Schreiben unterscheiden. Andererseits soll auch der Urheber klar identifizierbar sein. Und schließlich wird durch eine Unterschrift auch eine gewisse Verantwortung übernommen.

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BGH, Beschluss vom 14.11.2018, XII ZB 292/16 (BGH-Vorlage zum Verbot von Kinderehen)

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Nach § 1303 BGB müssen Ehepartner mittlerweile volljährig sein. Die frühere Regelung, die ein ausnahmsweises Mindestalter von 16 Jahren vorsah, wurde 2017 geändert.

Nun ist es aber so, dass auf Ausländer auch in Deutschland ausländisches Recht für die Eheschließung anzuwenden ist. Art. 13 Abs. 1 des „Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche“ (EGBGB, auch: BGBEG) besagt:

Die Voraussetzungen der Eheschließung unterliegen für jeden Verlobten dem Recht des Staates, dem er angehört.

Damit sind also Ehen nach fremdem Recht auch in Deutschland gültig. Das kann bedeuten, dass auch Ehen, die völlig anderen Wertvorstellungen unterliegen, hier anerkannt werden müssen. Konkret geht es um Vielehen (ein Mann hat mehrere Ehefrauen) sowie um „Kinderehen“, bei denen mindestens ein Ehepartner noch minderjährig ist.

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BGH, Urteil vom 15.03.2017, VIII ZR 270 / 15

Der Vermieter hatte die Wohnung wegen Eigenbedarfs zugunsten seines Sohns und dessen Familie gekündigt.

Die Mieter, ein älteres Ehepaar machten daraufhin eine besondere Härte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 BGB) geltend. Dem Mann könne ein Wohnungswechsel aufgrund seiner beginnenden Demenz nicht mehr zugemutet werden.

Das Landgericht hatte dieses Vorbringen für zutreffend erachtet, aber die Interessen des Vermieters trotzdem höher angesetzt.

Der BGH hat das Urteil aufgehoben und zur erneuten Prüfung an das LG zurückverwiesen. Das Gericht hätte nicht nur das Vorbringen der Mieter als solches akzeptieren müssen, sondern darüber hinaus die entgegenstehenden Interessen sorgfältig abwägen müssen.

LG Hamburg, Urteil vom 10.07.2018, Az. 406 HKO 27/18

burger-3442227_1920Der Otto-Versand hat einen Burger-Laden wegen Verletzung seiner Rechte am Markennamen „Otto“ verklagt. Dieser hat sich – keine Witze über Deppen-Apostrophe, das dürfte ja eine englische Bezeichnung sein – „Otto’s Burger“ genannt und unter diesem Namen Hamburger in Hamburg verkauft. Daneben soll das Unternehmen aber auch noch seinen Firmennamen als Marke für verschiedene Waren registriert haben. Das Versandunternehmen sah dadurch seine Rechte beeinträchtigt.

Das Gericht hat die Klage nun aber erstinstanzlich abgewiesen. Denn für eine Rechtsverletzung ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den Begriffen notwendig. Diese Gefahr konnten die Richter nicht erkennen, da der Normalbürger nicht auf die Idee käme, Otto’s Burger mit dem Versandhändler in Verbindung zu bringen.

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BGH, Urteil vom 14. Juni 2018, III ZR 54 / 17 (Staatshaftung und Nothelferprivileg)

fire-515776_1920Als ein Gebäude eines Großhandelsbetriebs in Baden-Baden brannte, kam die Feuerwehr und hat gelöscht. Das war gut. Dabei hat sie Speziallöschschaum eingesetzt, der giftig war. Das war nicht ganz so gut. Vor allem, weil sich später herausstellte, dass dieser giftige Löschschaum für diesen Brandfall gar nicht notwendig gewesen wäre.

Die Chemikalien kontaminierten das Erdreich und das Grundwasser unter dem Grundstück. Die zuständige Umweltbehörde erließ daher eine Anordnung an den Großhändler, sein Grundstück sanieren zu lassen. Hierfür fielen ganz erhebliche Kosten an, die der Eigentümer nun von der Stadt als dem Träger der Feuerwehr ersetzt verlangte.

Dabei handelt es sich um einen Fall der sogenannten Staatshaftung. Gemäß § 839 BGB und Art. 34 des Grundgesetzes ist der Staat zum Ersatz für alle Schäden verpflichtet, die ein Staatsdiener in Ausführung seiner Tätigkeit gegenüber dem Bürger verursacht. Die Ersatzpflicht tritt bei jedem Verschulden ein, also bei leichter Fahrlässigkeit, grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.

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