BVerfG, Beschluss vom 08.12.2005, 2 BvR 799/05

Wer der Meinung ist, dass ein Richter unfair handelt, muss einen Befangenheitsantrag stellen.
Wer der Meinung ist, dass ein Richter unfair handelt, muss einen Befangenheitsantrag stellen.
Wird im Strafprozess ein unfaires Verhalten des Richters geltend gemacht, ist hierfür zunächst ein Befangenheitsantrag zu stellen. Dieser stellt das vorrangige Rechtsmittel dar, „wenn die innere Haltung eines Richters seine erforderliche Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit gegenüber den Verfahrensbeteiligten störend beeinflussen kann“.

Bei einem solchen Befangenheitsantrag müssen die übrigen Richter oder notfalls der Gerichtspräsident darüber entscheiden, ob ein vernünftiger Verdacht dahingehend vorliegt, dass der Richter nicht neutral sein könnte. Ist dies der Fall, wird der Prozess unterbrochen und der Richter ausgewechselt, damit das Verfahren in fairer Weise weitergehen kann. Ansonsten geht der Prozess mit dem Richter weiter und endet schließlich in einem Urteil, das mit der Berufung und ggf. mit der Revision angefochten werden kann.

Wird kein Befangenheitsantrag gestellt, kann ein Verstoß gegen das Grundrecht auf faires Verfahren nicht mehr in der Revision geltend gemacht werden.

Dies bedeutet dann auch regelmäßig, dass eine strafrechtliche Verfassungsbeschwerde unzulässig oder jedenfalls unbegründet ist. Denn es ist dem Revisionsgericht nicht anzulasten, dass es den Fairnessverstoß nicht mehr überprüft hat, wenn ein Befangenheitsantrag dagegen unterblieben ist.

Wurde dagegen ein Befangenheitsantrag gestellt und abgelehnt, können diese Befangenheitsgründe erneut vorgebracht werden, um ein Rechtsmittel gegen das Urteil zu begründen. Auch im Rahmen der Verfassungsbeschwerde kann dann ein Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht auf ein faires Verfahren moniert werden.

Dies bezieht sich aber in aller Regel nur auf Fairnessverstöße, die sich im Verfahren gezeigt haben. Allgemeine Verletzungen der Verfahrensfairness, die sich erst im Urteil herausstellen, können auch durch eine direkte Revision bzw. Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Ebenso gilt dieser Grundsatz im Zivil- oder Verwaltungsrecht jedenfalls nicht so streng wie im Strafrecht. Im Zweifel sollte vorsichtshalber aber stets ein Befangenheitsantrag gestellt werden.

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