Das Münchner Oberlandesgericht hatte über eine Beschwerde gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen urheberrechtsverletzender Inhalte zu entscheiden. Dabei hat es äußerst strenge Maßstäbe an die Pflichten von Seitenbetreibern angelegt.
Der genaue Sachverhalt dieses Beschlusses ist schwer zu beurteilen, da das Gericht von der Wiedergabe des Tatbestands abgesehen hat. Es ging wohl darum, dass das beklagte Unternehmen Server betreibt, auf die auch Dateien mit Raubkopien aktueller Kinofilme hochgeladen wurden. Externe Linksammelseiten führten dann alle Einzelteile eines bestimmten Films auf und ermöglichten es, ggf. unter Einsatz entsprechender Software, die Filme komplett kostenlos herunterzuladen. Das Herunterladen ist wahrscheinlich (die Rechtslage ist nicht vollständig geklärt) noch immer legal, das Hochladen und Zurverfügungstellen ist sicher illegal.
Gegen die Aufnahme von Dateien mit bestimmten Filmen, an denen die Klägerin die Rechte wahrnahm, erwirkte diese ein Unterlassungsurteil gegen die Beklagte. Damit wurde es der Beklagten verboten, diese Dateien weiter auf ihre Seiten aufzunehmen; zugleich wurde die Verhängung eines Ordnungsgeldes angedroht, falls die Beklagte dagegen verstößt.
Als die Klägerin einen Verstoß annahm, erwirkte sie beim Landgericht München ein Ordnungsgeld über 150.000 Euro, ersatzweise 30 Tage Haft gegen den Geschäftsführer der Beklagten. Hiergegen legte die Beklagte (im Ordnungsmittelverfahren als „Schuldnerin“ bezeichnet) Beschwerde ein, die aber vom OLG zurückgewiesen wurde.
Begründet wurde die Zurückweisung damit, dass ein Verstoß tatsächlich vorlag.
- Zum einen hätte die Beklagte den Wortfilter, mit dem sie Dateien mit bestimmten Inhalte automatisch aussortierte, auf Abwandlungen der Filmtitel erstrecken müssen. In Bezug auf den Film „Fack ju Göthe“ (sic) hätte der Filter bspw. auch „naheliegende Abwandlungen wie FujuGo oder FajuGo“ aufnehmen müssen. Hier stellt sich natürlich schon die Frage, ob diese Abwandlungen wirklich derart naheliegend sind – und welche Abwandlungen dann nicht mehr naheliegend sind. Im Ergebnis werden die Überwachungs- und Vorsorgepflichten damit extrem weit ausgedehnt, da die Linktauschszene heir erfahrungsgemäß sehr einfallsreich ist. Angesichts des hier absichtlich falsch geschriebenen Filmtitels ergäben sich dutzende Kombinationsmöglichkeiten: Ob man nun „ju“, „you“, „U“, „yu“ oder „jou“ schreibt, bleibt dem Uploader überlassen.
- Zudem wäre eine regelmäßige Überprüfung von Linksammelseiten notwendig gewesen, um anhand derer herauszufinden, welche Filme auf die Seiten hochgeladen wurden. Wie häufig dies angesichts der hohen Dynamik des Internets geschehen müsste, ließ das Gericht offen. Seltener als einmal pro Monat sei jedenfalls zu wenig.
- Mangelndes Verschulden ließ das Gericht ebenfalls nicht gelten. Auch bei sehr hoher Zahl zu prüfender Filme (hier 25.000) müsste der Betreiber die Kontrolle irgendwie bewerkstelligen. Insoweit sei es Pflicht des Unternehmens, seinen Geschäftsbetrieb entsprechend ausstatten, um die Überprüfung im notwendigen Umfang durchzuführen. Recht lapidar meint das Gericht hierzu: „Allerdings werden häufig viele Rechte zahlreicher Rechtsinhaber in denselben Linksammlungen verletzt. Dementsprechend steigt die Zahl der zu prüfenden Linksammlungen regelmäßig nicht im selben Verhältnis wie die Zahl der urheberrechtlich geschützten Werke an, die zu überprüfen sind.“
Auch, wenn sich aus der Entscheidung nicht ganz erschließt, wie weit die Unterlassungspflichten der Beklagten konkret reichen, sind die Anforderung des Landgerichts, die das OLG bestätigt hat, sehr hoch angesetzt. Das Geschäftsmodell der Beklagten dürfte damit weitestgehend erledigt sein, da damit praktisch pausenlos weitere Ordnungsgelder in sechsstelligem Bereich drohen würden.
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