Eltern haben ein Recht darauf, über Inhalt und Lehrmethoden des Sexualkundeunterrichts an staatlichen Schulen umfassend informiert zu werden. Eine Befreiung vom Unterricht kommt aber regelmäßig nicht bei bloßen religiösen und ethischen Bedenken, sondern erst bei speziellen persönlichen Gründen in Frage.
Das Verwaltungsgericht Münster wog bei seiner Entscheidung gegeneinander ab:
- die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Schüler
- das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Schüler
- das Erziehungsrecht der Eltern
- Sexualaufklärung als staatliches Erziehungsziel
- Bewahrung und Warnung der Schüler vor sexuellen Gefahren
Nach diesen widerstreitenden Kriterien kam das Gericht zur Entscheidung, dass für eine Befreiung vom Sexualkundeunterricht eine Unzumutbarkeit der Teilnahme gegeben sein muss. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn die Eltern religiöse Vorbehalte gegen die Konfrontation mit Sexualität haben.
Informations- und Kontrollrechte für Eltern
Zur Stützung ihres verfassungsrechtlich verbürgten Erziehungsrecht müssen die Eltern aber die Möglichkeit haben, den Unterricht insofern kritisch zu begleiten, dass die über Inhalte und Vermittlungsmethoden informiert werden und den Unterricht so durch eigene Gespräche mit ihren Kindern flankieren können.
Wichtig ist aber gerade in Zeiten, in denen über Frühsexualisierung und Bildungspläne erhitzte Debatten geführt werden, dass das Gericht der Schule eine Pflicht zur Zurückhaltung auferlegt hat. Die Schule muss sich jeder Indoktrination enthalten und darf die Sexualentwicklung der Kinder keinesfalls in irgendeine Richtung lenken.
Teilsieg für Kläger
Das Urteil zeichnet sich durch eine offenbare Kompromissposition aus: Zwar bestätigt es die Pflicht zur Teilnahme an der Sexualkunde, betont aber zugleich die Rolle der Eltern in der Erziehung. Derart weitgehende Rechte haben die Gerichte in dieser Frage bisher selten angenommen.
Obwohl die Kläger formal gesehen verloren haben, kann man ihnen einen gewissen Erfolg hinsichtlich der Bestätigung ihrer Rechtspositionen nicht absprechen. Der schwelende Konflikt zwischen Staat und Eltern wird aber trotzdem bestehen bleiben.
4 Gedanken zu „VG Münster, Urteil vom 08.05.2015, 1 K 1752/13“
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