Ouardiri et al. gegen die Schweiz – Art. 9, 14 und 13 EMRK
Ende 2009 verabschiedete die Schweiz im Wege der Volksabstimmung eine Verfassungsänderung, nach der der Bau von Minaretten (speziellen Türmen auf Moscheen) verboten wurde.
Hiergegen klagten verschiedene islamische Vereinigungen und Privatpersonen. Sie sahen ihr Recht auf Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK) sowie das Diskriminierungsverbot (Art. 14 EMRK) als verletzt an.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Sie sei unzulässig, da die Kläger nicht durch die mögliche Konventionsverletzung beeinträchtig seien.
Voraussetzung für eine Klage zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist, dass man in einem Recht aus der EMRK verletzt ist. Die Kläger hier behaupteten aber gar nicht, dass sie aktuell durch diese Verfassungsänderung am Bau von Minaretten gehindert würden. Auch legten sie nicht dar, dass sie in naher Zukunft einen Moscheebau einschließlich Minarette planen würden.
Die bloße Möglichkeit, dass sie das vielleicht irgendwann vorhaben könnten, war dagegen nach Meinung des EGMR nicht ausreichend. Auch die Tatsache, dass ihr religiöses Empfinden verletzt sein mag oder sie sich als Bürger moslemischen Glaubens gegenüber der Mehrheitsgesellschaft diskriminiert fühlen, rechtfertigt keine Beschwerde.
Sollte ein Bauantrag für ein Minarett abgelehnt werden oder eine bauaufsichtliche Maßnahme getroffen werden, kann dagegen freilich vor Schweizer Gerichten geklagt werden. Im Urteil muss dann ein möglicher EMRK-Verstoß geprüft und die Vorschrift ggf. konventionskonform ausgelegt werden.
Im Übrigen entschied der EGMR, dass es unbedenklich sei, dass die Schweizer Verfassung keine Möglichkeit der Klage unmittelbar gegen diese Verfassungsänderung gewährt. Das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) garantiere kein rechtliches Mittel gegen Akte der Gesetzgebung.