In der immer wieder für Erheiterung sorgenden Frage, wie eine formgültige Unterschrift auszusehen hat (siehe hier und hier), gibt es zwei neue OLG-Entscheidungen, die ich im stets erhellenden Blog des Kollegen Dr. Burhoff gefunden habe.
Im Wesentlichen wird die bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach jedes individuelle Schriftzeichen als Unterschrift gilt, den man (auch mit gewisser Phantasie) als Namenszug erkennen kann.
Interessant ist aber, dass beide Gerichte auch auf die Frage abstellen, ob eine bloße Paraphe, die eben keine Unterschrift darstellen soll, aufgrund der äußeren Umstände nahe liegen könnte.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.12.2019, (1 B) 53 Ss-OWi 675/19 (398/19):
Der Anfangsbuchstabe ist als „G“ ebenso noch hinreichend zu erkennen wie der Folgebuchstabe „o“. Ohne Zweifel stammt das Urteil von der Richterin, die die Hauptverhandlung geleitet hat. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2019, alle während des Verfahrens gefassten Beschlüsse sowie die Ladungs- und Zustellungsverfügungen sind in ähnlicher Weise unterzeichnet, auch die von dem Betroffenen im Anwaltsschriftsatz vom 17. Dezember 2019 zitierte Terminsverfügung, Entbindungsverfügung, Umladung usw. Der Schriftzug der Unterzeichnenden ist dem Senat darüber hinaus auch aus zahlreichen anderen Straf- und Bußgeldverfahren bekannt und kann eindeutig der erkennenden Tatrichterin – Richterin am Amtsgericht Gpp. – zugeordnet werden. Auch spricht nichts dafür, sie habe das Urteil nur für den inneren Betrieb mit einer Abkürzung ihres Namens abzeichnen („paraphieren“) wollen.
KG Berlin, Beschluss vom 23.03.2020, 3 Ws (B) 53/20:
Das handschriftliche Gebilde, mit dem die erkennende Richterin das Urteil unterschrieben hat, steht für ihren Namen. Die Unterschriftsleistung trägt individuelle Züge und zeigt charakteristische Merkmale auf, die für jemanden, der den Namen der Unterzeichnenden und deren Unterschrift kennt, ihren Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Die ersten beiden geschwungenen Linien lassen sich als Anfangsbuchstaben „T“ und die weiteren nach oben geschwungenen Auf- sowie die kürzeren schräg nach unten verlaufenden Abstriche als die weiteren Buchstaben für den Rest des Familiennamens deuten. Auch ergeben sich bei der Zusammenschau der Umstände keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Richterin die Urschrift der Urteilsgründe nur mit einem Kürzel für den inneren Betrieb unterzeichnen wollte.
Dies gilt umso mehr, als auch nicht unberücksichtigt gelassen werden darf, dass unter dem geschwungenen Schriftzug der Name der erkennenden Richterin in Druckbuchstaben eingefügt war (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1991 – XI ZB 6/91 –; BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 – IX ZR 24/97 -, jeweils juris, beide für die Unterschrift eines Rechtsanwaltes in bestimmenden Schriftsätzen).
(Hervorhebungen jeweils nicht im Original.)